Hamburg empfängt 4 – Das Alsterhaus

Das Alsterhaus

Etwas unbemerkt, weil abseits des Zentrums und häufig mit dem Kaufhaus „Alsterhaus“ am Jungfernstieg verwechselt, steht das Alsterhaus seit 1903 an der Binnenalster, Ecke Ferdinandstraße/Ballindamm. Als Mitglied der Bürgerschaft, Vorsitzender des Kunstvereins und Mitglied der Baudeputation beauftragte Dr. Max Albrecht, Gründer und Inhaber der Mineralölwerke Albrecht & Co., die Architekten Wilhelm Jolasse und Johann Gottlieb Rambatz mit dem Kontorhaus in der Nähe des Glockengießerwalls und der Mönckebergstraße.

Sehr häufig übersehen, finden sich an der Vorderseite des Alsterhauses die mit ihren symbolischen Jugendstilmotiven in geprägter, vergoldeter Bronze wahrscheinlich schönsten Fensterrahmen an einem Kontorhaus. Sie komplementieren an der Werksteinfassade die Fenstererker und Bay-Windows. Durch schlanke, tragende Säulen werden sowohl Leichtigkeit und Transparenz als auch Großzügigkeit vermittelt. Insgesamt wurden hier Ästhetik und Kommerzialität glücklich verbunden.

Wie die meisten Kontorhäuser ist auch das Alsterhaus in der Skelettbauweise errichtet worden, damit die Geschossflächen frei einteilbar blieben, denn nur die Säulen und Treppenhäuser haben eine tragende Funktion. Apropos Treppenhaus: in der Treppenhalle windet sich eine zweiläufige Treppe rechteckig um einen, den Mittelpunkt der Etagen markierenden, Lichthof herum. Während der Boden mit dezenten Marmorstufen und die Wände mit glatten Fliesen ausgestattet sind, werden die symmetrisch auseinanderstehenden Staketen (senkrechte Geländerstäbe) durch Jugendstilgirlanden verbunden.

Ein besonderer Hingucker sind die mit Pflanzenornamenten verzierten Tafeln, welche die einzelnen Stockwerke ausweisen. Sie präsentieren einen ästhetischen Reiz, der sich erst im Detail findet, während die anderen einfachen Dekorationen in ihrem Zusammenspiel eher sachlich wirken. Hinzu kommt, dass die Marmorstufen mit Linoleum belegt und die Etagenpodeste mit grauem Filz. Trotz dieser kleinen Eingriffe ist das Alsterhaus weitestgehend im Originalzustand erhalten und bleibt beeindruckend.

TIPP: Von der Kunsthalle oder beim Umrunden der Binnenalster einen kleinen Abstecher ins Alsterhaus machen und auf jeden Fall mal nach oben gehen.

Baudeputation

In der Freien und Hansestadt Hamburg bezeichneten „Deputationen“ besondere Bürgergremien zur Mitwirkung und Kontrolle von Landesbehörden und waren eine historische Hamburgische Besonderheit, denn „[d]as Volk ist zur Mitwirkung in der Verwaltung berufen…“ (Artikel 56, Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg). Von der Hamburgischen Bürgerschaft für die Dauer der eigenen Wahlperiode gewählt, waren die Deputierten ehrenamtlich tätig. Wahlberechtigte für die Bezirksversammlung war jede Bürgerin, jeder Bürger Hamburgs als Deputierte/r wählbar. Einer Deputation gehörten 15 Deputierte an und sie unterstützten die Senatorin, den Senator der entsprechenden Behörde. Die Baudeputation ging in die Deputation für Stadtentwicklung und Wohnen über. Jedoch wurden im November 2020 im Zuge einer Verfassungsänderung sämtliche Deputationen im Koalitionsvertrag zwischen den Grünen und der SPD abgeschafft, nachdem die Grünen schon 2013 erstmalig diese Forderung gestellt hatten.

Treppenhäuser und ihre Funktion(en)

Treppenhäuser sind und waren nicht nur zweckgebundene Gebäudeteile zum Hinauf- und Hinabsteigen, sondern stell(t)en viel mehr Orte der Kommunikation und Repräsentation dar. Auf der Suche nach beeindruckenden und wunderschönen Treppenhäusern stellen sich heutzutage allzu häufig Hindernisse wie Reklameschilder, vollgestellte Schaufensterscheiben und Ladentüren in den Weg. Jedoch lohnt es sich, einmal genauer hinzusehen!

Viele der Hamburger Treppenhäuser vor allem in den Kontorhäusern lassen heute nichts von ihrer ehemaligen Schönheit und ihrem Dekor vermissen. Obwohl der Bau eines Treppenhauses immer einen Kompromiss bedeutet zwischen Ästhetik und Ökonomie sowie zwischen den Wünschen der Bauherren und den Ansprüchen der Architekten, findet man in Hamburg vielleicht durch die Repräsentationslust der Hamburger Kaufmänner beeinflusst, Treppenhäuser, die Empfangssälen gleichen. Gleichzeitig jedoch dient ihr repräsentativ-machtvolles Äußeres dem Verstecken von allem, was dem Funktionieren entspricht. Dekorationen wie geschnitzte, gemeißelte oder gegossene Pflanzen, Blüten und Masken aus Holz, Stein oder Bronze, Bögen, filigrane Gitter, Marmor oder Granit lenken von den Funktionen des Hauses ab.

Entrees, Foyers und Treppenhäuser sind Repräsentationsräume. Sie stellen die Verbindung zwischen der öffentlichen Straße und dem halböffentlichen Gebäude her, sind nicht mehr außen, aber auch noch nicht innen. Treppenräume haben also nicht nur die funktionale Aufgabe, verschiedene Ebenen innerhalb des Hauses zu überwinden, sie vermitteln, sie haben eine kommunikative Aufgabe als Orte der Begegnung, als Symbol für Bewegung.“ (aus „Hamburger Treppenhäuser“ von Allenstein und Pasdzior)

TIPP: Leihen Sie sich das Buch aus den Hamburger Bücherhallen aus, lesen Sie und bewundern Sie die Bilder! Es gibt viel zu entdecken! Oder machen Sie eine Tour mit mir!